Warum ich etwas zu verbergen habe

Ich habe nichts zu verbergen!“ – diesen Satz hört und liest man immer wieder, wenn es um das Thema Datenschutz oder das Ausspionieren des Bürgers durch die Geheimdienste geht. Woher kommt diese Einstellung? Will man demonstrieren, dass man ein guter und gesetzestreuer Untertan ist, den der Staat und sogar die Firmen nach belieben durchleuchten können? Selbstverständlich hat jeder von uns etwas zu verbergen. Aus gutem Grund.

Darf der Bürger in die Amtsstuben und Ministerien gehen und dort ungefragt in den Akten blättern? Dürfen wir dies bei den Firmen machen? Beim Nachbarn?
Natürlich nicht.
Sind wir als Bürger folglich nicht vertrauenswürdig?

Wir Deutschen haben eine ambivalente Einstellung zum Datenschutz. Ein seltsam heikles Thema ist das eigene Einkommen. Dem Kollegen oder Nachbarn den Gehaltszettel zeigen? Einer einzelnen Person, die man auch noch persönlich kennt?
Würde uns nicht im Traum einfallen.

Angestellte und Beamte beim Staat und den Banken kennen genau unsere Einkommenssituation. Ich weiß nicht, wie Du es erlebt hast, aber mir wollten schon Personen, die in diesen Bereichen tätig sind, ungefragt Informationen über Nachbarn und Bekannte geben – was ich natürlich vehement ablehnte. Ist dies nicht ein schönes Beispiel dafür, dass unsere persönlichen Daten auch bei vermeintlich seriösen Institutionen eben doch nicht sicher sind?

Ich habe nichts zu verbergen!“. Warum? Weil Du nicht wichtig bist? Dein Leben sollte Dir wichtig sein. Das digitale Abbild Deines Lebens, Dein digitaler Zwilling, welcher im Zuge von Big Data zusammengestellt und durch Algorithmen ausgewertet wird, kann sich erheblich von Deinem realen unterscheiden. Dem Irrglauben, dass man nichts zu verbergen hätte, liegt vermutlich einzig der Mangel an Informationen zu Grunde, was in unserer digitalen… nein, in unserer durchdigitalisierten Welt gegenwärtig passiert.

Dabei erstaunt mich immer wieder, dass es bei vielen Menschen einen „gefühlten Datenschutz“ gibt. Google Streetview ist in Deutschland umstritten. Die eigene Häuserfassade oder das Kennzeichen am Fahrzeug finden oftmals die gleichen Menschen schützenswert, die das biometrisch auswertbare Bild des eigenen süßen Kindes oder des Enkelchens bedenkenlos auf die Server von Facebook, Apple oder Google hochladen.

Das können doch nur Freunde sehen!“. Stimmt. Und können auch nur die sogenannten Freunde speichern, teilen, per Mail verschicken und auf anderen Plattformen wieder hochladen. Noch nie hat ein Häkchen in irgendwelchen Einstellungen ein Bild oder eine Information vor weiterer, unkontrollierbarer Verbreitung geschützt. Alles was man im Browser sehen kann, kann man auch nach Belieben kopieren und weiter verteilen. Außerdem haben natürlich die Diensteanbieter selber (und alle angeschlossenen Geheimdienste und Strafverfolgungsbehörden) Zugriff darauf. Google scannt sogar automatisch die hochgeladenen Bilder nach Objekten und Gesichtern. Als Service wohl bemerkt. Damit der Nutzer nicht den Überblick verliert. Apple, Facebook und Google sind aber leider nicht die Caritas – das muss man sich vor Augen halten.

Ich resümiere: ein Kennzeichen, welches nach wenigen Jahren sowieso neu vergeben wird, ist also schützenswerter als die biometrischen Daten eines Kindes? Das eine schützt ein lebloses Ding, das andere kann aus heutiger Sicht unvorstellbare Auswirkungen auf das Leben unserer Schutzbefohlener haben.

Darum habe ich etwas zu verbergen!
Darum hast auch Du etwas zu verbergen!

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